Bäcker-Sorgen mit der Politik und den Fachschul-Finanzen
03. Juni 2015
Hannover. – Mit einem teilweise neu besetzten Gesamtvorstand und einem kleineren Mitarbeiterteam in der Geschäftsstelle geht der Bäckerinnungs- Verband Niedersachsen/Bremen (BIV) in die zweite Jahreshälfte.
Zu den Personalentscheidungen der Mitgliederversammlung Anfang Juni in Hannover gehörte auch die Wahl des Osnabrücker Bäcker-Obermeisters Wilhelm Wolke zum Ehrenmitglied des BIV, womit sein großes Engagement für die berufliche Aus- und Weiterbildung im Bäckerhandwerk gewürdigt wurde. Ferner beschlossen die Delegierten einstimmig eine moderate Beitragserhöhung, um Mindereinnahmen wegen des verringerten Mitgliederbestandes entgegen zu wirken.
Im Dezember hatte sich der BIV von seiner Geschäftsführerin und dem Leiter der Bäckerfachschule Hannover (BFS) getrennt. Landesinnungsmeister (LIM) Karl-Heinz Wohlgemuth verwies auf den Rückgang der Lehrgänge zur überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) um ein Drittel. Das habe zusammen mit der zu geringen Auslastung der BFSWeiterbildungsseminare zu Einnahmeverlusten und damit zu einer Gefahr für die Finanzierung des Schulumbaus geführt.
Viel Arbeit bescherte dem BIV im vergangenen Jahr der Kampf gegen die niedersächsische Gebührenordnung im Bereich Verbraucherschutz und Veterinärwesen (GOVV), die erstmals in Deutschland die staatlichen Routinekontrollen bei Lebensmittelunternehmen gebührenpflichtig macht. Laut Wohlgemuth sind inzwischen mehr als 180 Klagen gegen die GOVV anhängig, auch von Bäckereien. Der Landesinnungsmeister betonte die weiterhin strikte Ablehnung der gebührenfinanzierten Routinekontrollen durch den Bäckerinnungs-Verband und nannte die darin festgelegte Kleinbetriebsregelung datenschutzrechtlich problematisch.
Wohlgemuth bescheinigte den Landesbehörden und der Landespolitik ein zunehmendes Misstrauen gegenüber Wirtschaft und Handwerk. Zudem fordere der Landesrechnungshof in immer stärkerem Maße die Erhebung von Gebühren zur Finanzierung staatlicher Aufgaben. Dass dadurch die heimischen Betriebe nicht nur in erheblichem Maß finanziell, sondern auch durch bürokratische Dokumentations- und Meldepflichten zusätzlich durch hohen Verwaltungsaufwand belastet würden, werde achtlos in Kauf genommen.
LIM Wohlgemuth appellierte an die Obermeister und Innungsvorstände, auch auf regionaler Ebene die Politiker direkt in ihren Wahlkreisen über die Folgen einer Landespolitik aufzuklären, die einseitig die Wirtschaft belaste. Als Problembereiche neben der GOVV nannte Wohlgemuth die allgemeine Freigabe der kommunalen Tourismusabgabe, die sich wie eine zweite Gewerbsteuer auszuwirken drohe, den Schutz des Begriffs „Bäckerei“ oder die Folgen des Mindestlohngesetzes.
Bei der Geschäftsführung des BIV sei inzwischen eine leichte Entspannung eingetreten, berichteten Wohlgemuth und der kommissarische Geschäftsführer Heinz Essel. Der Geschäftsführer der Bäcker- und Konditoren- Vereinigung Nord (BKV-Nord) erläuterte, dass der Bäckerinnungs- Verband nicht in Insolvenzgefahr gewesen sei. Die Haushalts- und Vermögenslage habe sich entspannt, wenngleich noch ein negativer Jahresabschluss vorgelegt werden müsse. Mit verschiedenen Zuschussgebern zu den Renovierungsarbeiten am Bäckeramthaus in Hannover und der Bäckerfachschule stehe der Verband in Verhandlung, außerdem bestehe akuter Bedarf an Dachreparaturarbeiten und beim Brandschutz, wofür noch Angebotspreise eingeholt werden müssten. Die BIV-Mitgliederversammlung stimmte daher dem Vorschlag zu, den Haushaltsplan für 2015 endgültig bei ihrer Herbstsitzung zu verabschieden.
Mit zwei einstimmigen Nachwahlen komplettierte die Versammlung außerdem den Gesamtvorstand des BIV. Die seit einem Jahr bestehende Vakanz in der Nachfolge von Wilhelm Wolke wird nun von Claudia Wolther (Walsrode) ausgefüllt. Sie soll auch den Vorsitz im Berufsbildungsausschuss übernehmen. Für Gerald Gilbert, Obermeister der Innung Rotenburg, rückte der Wilhelmshavener Stephan Siemens nach, Obermeister der Innung Jade. Als Marketingbeauftragte mit beratender Funktion im Gesamtvorstand wählte die Mitgliederversammlung einstimmig Babette Lichtenstein van Lengerich aus Lohne/Emsland.
Mit der einstimmigen Ernennung zum Ehrenmitglied würdigte die Versammlung das langjährige und herausragende ehrenamtliche Engagement des Osnabrücker Bäcker-Obermeisters Wilhelm „Willi“ Wolke. Er war 2014 nach Erreichen der satzungsgemäßen Altersgrenze aus dem geschäftsführenden BIV-Vorstand ausgeschieden, verantwortet aber kommissarisch seinen bisherigen Wirkungsbereich „Berufliche Bildung“ noch weiter und arbeitet Claudia Wolther als Nachfolgerin im Berufsbildungsausschuss ein. Wolke war 2002 in den Gesamtvorstand des BIV gewählt worden. 2005 wurde er stellvertretender Landesinnungsmeister. Seit 2006 vertritt er das niedersächsisch-bremische Bäckerhandwerk im Berufsbildungsausschuss des Zentralverbandes. Mit der Ernennung zum Ehrenmitglied würdigt der BIV mit Dank und Anerkennung Wolkes vielfältigen Verdienste um das Bäckerhandwerk.