Noch mehr Bürokratie kommt uns nicht in die Tüte!

Morgen Start der landesweiten Protestaktion / über 1 Million Brötchentüten / Mittwoch Demo vorm Landtag

Hannover, 15.11. 2019. Niedersachsens Handwerksbäcker sagen: Es reicht mit der Bürokratie. Weit über 4000 Stunden muss ein Betrieb mit 10 Filialen im Durchschnitt pro Jahr aufbringen, um die ständig steigenden Anforderungen an Dokumentation, Statistik und Archivierung zu stemmen. Ab morgen startet eine landesweite Aktion, bei der 1,2 Mio. Brötchentüten unters Volk gebracht werden. Am Mittwochmorgen werden die Bäcker die Politiker vorm Landtag stellen, um sie auf die unhaltbare Situation aufmerksam zu machen.

LIM Dietmar Baalk

Unter dem Motto „Noch mehr Bürokratie kommt uns nicht in die Tüte“ soll die Öffentlichkeit über die Fallstricke der deutschen Bäckerbürokratie informiert werden. Auf der Brötchentüte ist in 25 Kategorien detailliert aufgelistet, wofür die vielen Stunden an Bürokratieaufwand anfallen. „Die Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand und gerade kleinere geben auf, weil sie nach 10 Stunden Nacharbeit nicht mehr die Kraft haben, die ständig wachsende sinnlose Papierflut zu bewältigen“, warnt Landesinnungsmeister Dietmar Baalk.

Am aufwendigsten ist die Dokumentation von Reinigungsarbeiten mit über 2000 Stunden, gefolgt von rund 1000 Stunden für Temperaturdokumentationen und über 500 Stunden an Archivierungspflichten für die Steuern. „Wir haben nichts gegen Hygiene und Verbraucherschutz – aber warum muss jedes geputzte Backblech akribisch dokumentiert werden? Das belastet unsere Verkäuferinnen extrem.“ Insgesamt rund 80 bürokratie-behaftete Tätigkeiten hat der Vorstand des niedersächsischen Bäckerhandwerks identifiziert – vom Feuerlöscher-TÜV bis zur schriftlichen Arbeitsplatzbeurteilung der Brille tragenden Verkäuferin.

„Warum müssen wir jede Brot-Rabattkarte 10 Jahre aufheben? Warum muss ein kleiner Bäcker einen teuren Energieberater beschäftigen, wenn er seine Stromsteuer erstattet haben möchte? Warum ist eine frisch zubereitete Quarkspeise im Mehrwegbecher, sobald sie 200 Meter gefahren wird, eine umfangreich deklarationspflichtige Fertigpackung? Warum muss ein niedersächsischer Bäcker als einziger in Deutschland für Lebensmittelkontrollen bezahlen, auch wenn sein Betrieb völlig in Ordnung ist“, ergänzt Babette Lichtenstein van Lengerich, Vorstandsmitglied im niedersächsischen Bäckerinnungsverband.

Nach EEG-Umlage, Lebensmittelkontrollgebühr, Kennzeichnungspflicht, DSGVO und Verpackungsgesetz drohe mit der neuen Kassenverordnung ab 2020 das nächste Bürokratiemonster, warnt Baalk. „Warum sollen wir ab 2020 jeden Kassenbon auf umweltschädlichem Thermopapier ausdrucken, auch wenn der Kunde ihn gar nicht will? Ist das das richtige Signal für mehr Umweltbewusstsein?“ Rund 5 Milliarden Bons seien allein in seiner Branche zu erwarten. „Viele Kollegen, die auf Märkten ihre frische Ware verkaufen, werden aufgeben müssen, weil sie gar keine elektronischen Kassen mitführen. So schaufelt die Politik mit ihrer nicht enden wollenden Paragrafenflut das Grab für Tausende ehrbarer Handwerks-Existenzen.“

Auch der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks unterstützt die Aktion: „Das Bäckerhandwerk muss gehört werden – dafür müssen wir die Öffentlichkeit wachrütteln, damit die von der Politik bis jetzt enttäuschenden Bürokratieentlastungsversuche Fahrt aufnehmen“, so Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider gegenüber der Allgemeinen Deutschen Bäckerzeitung.

10 bis 14 Tage wird die Infoaktion an rund 3500 Bäckertheken in ganz Niedersachsen dauern. Zudem sind Gespräche mit Politikern und Medienvertretern in der Region geplant.

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